Schatzhaus für Bücher
Atelier Bruno Gaudin saniert französische Nationalbibliothek
© Takuji Shimmura
Neue Eingänge, neue Treppen, sanierte Lesesäle, ein umgewidmetes Büchermagazin – der Altbau der Bibliothèque Nationale de France in Paris hat nach 15 Jahren Sanierung seinen labyrinthischen Charakter verloren.
© Takuji Shimmura
Historisches Meisterwerk
Der „Site Richelieu“ der französischen Nationalbibliothek im Pariser Stadtzentrum ist ein über vier Jahrhunderte gewachsenes Gebäudekonglomerat. Fast 70 000 m² Geschossfläche umfasst der Komplex zwischen Rue Vivienne und Rue de Richelieu, darunter zwei große Lesesäle.
Der ältere entstand 1857-67 nach Plänen von Henri Labrouste und gilt als Meisterwerk der frühen Eisenarchitektur. Die etwa gleich große „Salle Ovale“ wirkt mit ihrem Neorenaissance-Interieur eigentlich älter, ist aber eine Schöpfung des 20. Jahrhunderts.
© Takuji Shimmura
Neuer Eingang
Mit ihrer 15 Jahre währenden Sanierung haben Bruno Gaudin und sein Architekturbüro diesem Konglomerat nun einen neuen Zusammenhang gegeben. Ein neuer, öffentlicher Haupteingang über den Gartenhof an der Rue Vivienne ergänzt nun den bestehenden Zugang durch den Ehrenhof an der gegenüberliegenden Ecke des Gebäudekomplexes. Beide verbindet eine neue Querspange in Ost-West-Richtung, an die auch die beiden großen Lesesäle angebunden sind. Ein deutlich kleinerer, gläserner Korridor, verbindet auf dem Dach der Eingangshalle die angrenzenden Gebäudeflügel miteinander.
© Takuji Shimmura
© Takuji Shimmura
Erschließung
Auch hinter den Kulissen wurde das Gewirr aus Räumen, Sackgassen-Korridoren und mehr als 70 unterschiedlichen Fußbodenniveaus entflochten. 12 neue Treppen, die meisten als leichte Stahlkonstruktionen, verbinden nun bis zu je 14 Geschosse miteinander. Im Vestibül des ovalen Lesesaals wurde nach vielen Diskussionen eine monumentale Steintreppe abgebrochen, die den Zugang zum Saal versperrte. An ihre Stelle tritt nun eine geschwungene Stahlkonstruktion mit Aluminiumverkleidung, die 8 m stützenfrei in die Halle auskragt.
© Marchand Meffre
Der ovale Lesesaal ist der Öffentlichkeit als einziger frei und ohne Anmeldung zugänglich. Sein Gegenstück, der Labrouste-Saal, wurde von Jean-François Lagneau, dem französischen Chefarchitekten für historische Baudenkmäler, behutsam restauriert. Das rückseitig daran anschließende Büchermagazin war im Gegensatz dazu nicht denkmalgeschützt. Seine Keimzelle, eine viergeschossige Stahlkonstruktion in einer großen Halle, geht ebenfalls auf Henri Labrouste zurück. Sie wurde nun zum Lesesaal umgenutzt. Sieben weitere, im 20. Jahrhundert ergänzte Ebenen – fünf über und zwei unterhalb des Labrouste-Magazinflügels – erfüllen auch weiterhin ihren Zweck als Büchermagazin.
Architektur: Atelier Bruno Gaudin & Virginie Brégal
Bauherr: Ministerium für Kultur, Ministerium für Bildung, Forschung und Innovation
Standort: 5 Rue Vivienne, 75002 Paris (FR)
Tragwerks- und TGA-Planung: Egis bâtiments
Brandschutzplanung: Casso & Associés
Denkmalschutz: Jean-François Lagneau, Michel Trubert
Lichtplanung: 8’18’’, Cabinet Cizel
Landschaftsarchitektur: Gilles Clément, Atelier Tout se Transforme
Galerie
Diese Artikel könnten Sie auch interessieren
-
Uni-Bibliothek der neuen Generation
Kennedy & Violich sanieren Hayden Library am MIT
Mit ihrem Umbau machen Kennedy & Violich den Nachkriegsbau der Hayden Library in Cambridge (USA) fit für eine neue Bibliotheks-Ära – mit weniger Bücherregalen und mehr Platz für Interaktion und gemeinsames Lernen.
-
Sanierung einer Waldbibliothek
Pingtung Public Library von Mayu Architects
Transparenz und Zugänglichkeit sind Mayu Architects bei der Umgestaltung und Erweiterung der knapp 40 Jahre alten Pingtung Public Library in Taiwan besonders wichtig gewesen.
-
Urbaner Treffpunkt
Bibliothek in Katalonien von BCQ Arquitectura
Die Biblioteca Pilarín Bayés in Vic ist nicht nur zum Lesen da: Hinter den Brisesoleils aus Holz öffnet sich eine Raumlandschaft mit Café, Spiel- und Begegnungsbereichen sowie einer Bürgerinformation.