Brückenschlag in die Natur
Bahnhof in Santiago de Compostela von EstudioHerreros
Gesamtansicht des neuen Bahnhofsgebäudes von Westen. Im Hintergrund links ist das alte Empfangsgebäude zu sehen, darüber im Hintergrund die Ciudad de la Cultura. © Luis Diaz Diaz
Rund siebzig Jahre lang bildete die Bahntrasse südlich der Innenstadt von Santiago de Compostela eine schier unüberwindliche Barriere zwischen der Innenstadt und den südlichen Vororten. Die daraus resultierende Begrenzung des Stadtwachstums hatte Vor- und Nachteile: Zum einen blieb das Gebiet rund die Ciudad de Cultura von Peter Eisenman vom restlichen Stadtgebiet abgehängt. Andererseits blieb so der wertvolle Naturpark Las Brañas de Sar weitgehend von der Bebauung verschont.


Ein Trakt mit Läden, Fahrkartenschaltern und Büros verbindet die historische Bahnhofshalle mit der Passerelle. © Luis Diaz Diaz
Neues Entree für den Hochgeschwindigkeitsverkehr
Ab 2011 verband schließlich eine Fußgängerüberführung das historische Bahnhofsgebäude auf der Innenstadtseite mit dem Busbahnhof weiter südlich. Fast 15 Jahre später wurde nun auch der Erweiterungsbau des Hauptbahnhofs von EstudioHerreros aus Madrid fertiggestellt. Das Siegerprojekt eines von der spanischen Bahngesellschaft ADIF ausgelobten Wettbewerb sollte nicht zuletzt für Spaniens neuen Hochgeschwindigkeitszügen und ihre Fahrgäste ein würdiges Entree in die Stadt bieten.


Längsschnitt, Grafik © estudioHerreros
Getrennte Ebenen
Die meisten Fahrgäste gelangen auch heute noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß zum Bahnhof. Der Autoverkehr spielt verglichen damit nur eine sekundäre Rolle. Daher legte das Planungsteam seiner Bahnhofserweiterung ein Erschließungssystem zu Grunde, das auch von vielen Flughäfen bekannt ist: Auf einer unteren Ebene kommen Taxis und Privatautos an, auf der oberen Ebene gelangen Fußgänger aus der Stadt direkt und barrierefrei in das Gebäude.


Auf der Südseite endet die Passerelle an einem neu angelegten, nach der spanischen Politikerin Clara Campoamor benannten Vorplatz. Im Hintergrund ist der Busbahnhof zu sehen. © Luis Diaz Diaz
Streckmetal, Stahl und Strukturglas
Im Westen bildet mit Streckmetall verkleidete, lange Bahnhofspasserelle einen klaren und geraden Abschluss des Gebäudes. Östlich schließt sich daran die historische Bahnhofshalle an. Auf der Seite des Busbahnhofs wird sie von einem Anbau mit Rolltreppen flankiert, dem EstudioHerreros eine transluzente Fassade aus Strukturglas gaben. Das gleiche Material wählte das Planungsteam auch für die zweigeschossige Fassade des Laden- und Bürotrakts an der Verbindungsstelle zwischen Passerelle und alter Bahnhofshalle. In den kommenden Jahren wird sich zeigen, welche Auswirkungen der neue Brückenschlag des Bahnhofs auf die weitere Stadtentwicklung hatte. Nach dem Fiasko mit der Ciudad de la Cultura (Architekturwettbewerb 1999, Baustopp wegen ständiger Kostenüberschreitung 2012, danach teilweise Umnutzung der halbfertigen Gebäude) wäre der Pilgermetropole und Hauptstadt der Provinz Galizien ein Erfolgserlebnis durchaus zu wünschen.
Architektur: ADIF (Administrador de Infraestructuras Ferroviarias)
Bauherr: estudioHerreros
Standort: Rúa de Santiago del Estero, 75, A, 15702 Santiago de Compostela, A Coruña (ES)
Ingenieursplanung: Prointec, BACBCB
Bauleitung: INECO
Bauunternehmen: UTE Copasa + Taboada y Ramos


























