05.01.2023 Jakob Schoof

Das Modell muss im Mittelpunkt stehen

Bürogebäude am Lohsepark, Visualisierung © Caruso St John Architects

Auch im BIM-Prozess haben Skizzen und 2D-Zeichnungen weiterhin ihren Platz. Die zentrale Kommunikationsgrundlage muss jedoch das BIM-Modell sein, sagt Adrian Zloch vom Büro BAL aus Berlin.

Adrian Zloch, © BAL Bauplanungs und Steuerungs GmbH

In welchen Bereichen des Planens und Bauens hat die Digitalisierung in den letzten Jahren die größten Veränderungen gebracht?
Mein Aufgabenbereich bei BAL liegt vor allem an den Schnittstellen vom Vorentwurf und Entwurf zur Kostenplanung sowie von der Ausführungsplanung zur Ausschreibung. Hier nehme ich die größten Veränderungen in den frühen Leistungsphasen wahr. Auftraggeber wünschen sich zunehmend die Erstellung eines Modells – insbesondere als Grundlage einer Kostenermittlung. Auch die BIM-basierte Ausschreibung ist immer öfter ein Thema. Weil dafür jedoch hohe Anforderungen an Informationsdichte und Qualität des Modells erfüllt werden müssen, stellt sich das noch als eine der schwierigeren Aufgaben dar. Mittlerweile ist klar, dass fachlicher Input und Aufwand, der bisher erst in späteren Leistungsphasen anfiel, jetzt schon früher in der Planung relevant wird. Das bedeutet, dass Entscheidungen entweder vorgezogen oder durch eine Art Platzhalter im Modell offengehalten werden müssen. Gerade letzteres Vorgehen ist in meiner Arbeit besonders häufig erforderlich. Da BAL überwiegend mit anderen Architekturbüros zusammenarbeitet, werden wir mit vielen verschiedenen Lösungen dieses Problems konfrontiert. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer wesentlich engeren Zusammenarbeit bezogen auf Abstimmungen und Modellierungsanforderungen, noch bevor wir mit unserer eigentlichen Aufgabe beginnen können. In naher Zukunft wird es durch die digitale Vernetzung vieler Parteien und durch deren teils individuell differenzierte Anforderungen an ein 3D-Modell sicherlich standardisierte Prozesse geben, die für eine optimierte Zusammenarbeit sorgen. Durch die Arbeit unter Pandemiebedingungen mit Kontaktbeschränkungen und Home-Office-Verpflichtungen haben sich Digitalisierungstendenzen nochmals verstärkt. Das hat sich nicht zuletzt in der Leistungsphase 8 bemerkbar gemacht. Die meisten Baubesprechungen werden mittlerweile per Videokonferenz abgehalten, was sowohl Vorteile als auch Nachteile hat. Ich gehe davon aus, dass dies wegen der Zeit- und Wegeersparnis auch nach Corona so bleiben wird. Aber das ist natürlich kein BIM-spezifischer Aspekt der Digitalisierung.

Wo funktionieren die Dinge noch nicht so, wie Sie sich es wünschen?
Um effiziente und funktionsfähige modellbasierte Arbeitsabläufe in der Leistungsphase 8 zu praktizieren, muss natürlich ein Modell existieren, welches in den meisten Fällen die vorherigen Leistungsphasen durchlaufen und bestehen musste. Mit jeder höheren Leistungsphase werden auch die Anforderungen an das Modell komplexer. Es überrascht daher nicht, dass besonders in diesen Bereichen noch viele theoretische Möglichkeiten modellbasierter Planung und Ausführung ungenutzt bleiben. Ein wichtiger Aspekt im gesamten BIM-Prozess ist die konkrete Auftragskonstellation. Nicht selten schulden einzelne Projektbeteiligte vertraglich unterschiedliche, zum Teil nicht einmal projektkonsistent aufeinander abgestimmte Detaillierungsgrade des Modells oder können sogar ganz auf modellbasierte Planung verzichten. Dies erschwert natürlich die Zusammenarbeit erheblich. Dass die HOAI in ihren Leistungsbildern an die Prozesse angepasst werden müsste, ist ja mittlerweile eine oft gehörte und durchaus richtige Aussage. Abgesehen davon muss man sich weitaus stärker als im zweidimensionalen Arbeitsprozess auf eine vollständige Vorarbeit durch die Projektbeteiligten verlassen. Da die Modellerstellung manuell erfolgt, aber die Informationen beim Auswertungsprozess im Optimalfall automatisiert ausgelesen werden, können eigene Erfahrungswerte weniger effektiv in die Auswertung einfließen. Um dennoch ein Gefühl für den Auswertungsprozess zu entwickeln, sollte sich die Kontrolle der Vorarbeit auf einen gesonderten Prozess verlagern. Allgemein kann man sagen, dass sich durch BIM ein neuer Workflow entwickelt, der von allen Beteiligten verstanden und beherrscht werden muss. Sowohl in der Lehre, als auch in der Fortbildung für bereits Berufstätige sollten diese Arbeitsabläufe stetig kommuniziert werden.

Bürogebäude am Lohsepark, © Caruso St John

Wie hat sich Ihre Zusammenarbeit durch BIM verändert?
Wie schon eingangs erwähnt findet die Kommunikation mit den Planungsbüros wesentlich früher statt. Abgesehen von der intensiveren Abstimmung beraten wir unsere Partner aus unserer spezialfachlichen, auf die Bauausführung fokussierten Perspektive auch bei der Modellerstellung. Durch die frühzeitige Zusammenarbeit nehmen wir die baukünstlerische Perspektive der Entwerfenden intensiver wahr, was wiederum die Qualität unserer späteren Leistungen im Projekt steigert. Darin zeigt sich eine für alle beteiligten Seiten profitable, neue Tendenz zu intensiverer Kooperation, ohne die ein BIM-Prozess nicht wirklich erfolgreich sein kann. Bürointern hat sich der Workflow von einer oft auf Teilleistungen zentrierten Einzelarbeit zwangsläufig und folgerichtig hin zu mehr und engerem Teamwork gewandelt. Diese Team-Projekte werden bei uns in der Regel von zwei Kollegen oder Kolleginnen gemeinsam bearbeitet, wobei die eine Person Erfahrung mitbringt und spezialfachlich versiert ist und die andere Person fundierte Kenntnisse in BIM besitzt. So partizipieren alle an dieser Arbeit und der erwähnte neue Workflow kann sich im Büro etablieren.

Elbtower, Visualisierung © David Chipperfield Architects

Welche Fehler sollte man bei der Arbeit mit BIM in jedem Fall vermeiden?
Es kommt natürlich häufig vor, dass das Modell an sich nicht als Hauptmedium und -werkzeug des Entwurfsprozesses betrachtet wird. Es spricht prinzipiell auch gar nichts gegen händische Zeichnungen oder Skizzen im Entwurfsprozess. Problematisch wird es nur, wenn das Modell lediglich nachrichtlich basierend auf einer 2D-Planung fortgeschrieben wird. In diesen Fällen kommt es oft zu Unstimmigkeiten zwischen den 2D-Plänen und dem 3D-Modell. Dies führt nicht nur zu einem erheblichen Mehraufwand, sondern auch zu vermeidbaren Fehlern in der Auswertung. Andererseits erweckt ein mit vielen differenzierten Informationen aufgeladenes 3D-Modell unter Umständen nur den Anschein von Genauigkeit, während diese im Detail durch unklare Vorgaben und Prozesse sowie mangelnde Kontrolle gar nicht gesichert sind. Wie bereits erwähnt, muss man mit Bedacht zwischen tatsächlich festgelegten Informationen und zunächst „leeren“ Platzhaltern unterscheiden. Durch die vernetzte Arbeit mit allen Fachplanern und Projektbeteiligten im Modellierungsprozess ist eine besonders gute Struktur und Organisation des Projektes für ein adäquates Ergebnis unabdingbar. Auch wenn die Entwicklung eines in hohem Maße automatisierten Prozesses das große Ziel meiner Arbeit ist, sind manuelle Eingriffe und Nachbearbeitungen noch immer häufig an der Tagesordnung. Diese wiederum bedeuten nicht nur einen einmaligen Mehraufwand, sondern haben entsprechend potenzierte Auswirkungen auch für die darauffolgenden Leistungsphasen. Daher sollte man manuelle Eingriffe in automatisierten Prozessen so gering wie möglich halten.

Elbtower, © David Chipperfield Architects
Elbtower, © David Chipperfield Architects

Was sind die wichtigsten Bestandteile einer erfolgreichen BIM-Strategie?
Eine BIM-Strategie sollte weniger statisch und mehr dynamisch angelegt sein. Da sich besonders in diesem Bereich ein schneller Wandel vollzieht, muss man häufig sehr schnell und flexibel auf aktuelle und neue technologische Möglichkeiten reagieren. Das heißt nicht, dass jedes neuartige Programm auf dem Markt direkt im BIM-Prozess verwendet werden muss. Vielmehr ist es wichtig, den eigenen Wissenshorizont und denjenigen des gesamten BIM-Teams ständig im Blick zu behalten und anzupassen. Dazu gehört auch, laufende Prozesse stetig zu optimieren und wenn möglich zu automatisieren. Meiner Meinung nach ist vor allem die intensive Kommunikation mit allen Prozessbeteiligten ein wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen BIM-Strategie. Die Qualität und das Ergebnis eines BIM-Workflows ist nicht höher als die geringste Qualität einer einzigen Teilleistung und nicht besser als der ineffizienteste Arbeitsschritt. Aus diesem Grund sollten nicht nur intern alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf demselben Stand sein, sondern auch im externen Austausch muss über den eigenen Aufgabenbereich hinausgeschaut werden, um erfolgreich zu sein. BIM vereint alle Projektteilnehmenden und zwingt zu einer plattform- und fachbereichsübergreifenden Teamarbeit.

Adrian Zloch ist Teamleiter BIM & Digitalisierung bei der BAL Bauplanungs und Steuerungs GmbH in Berlin. Das Büro ist Gründungsmitglied der BIM-Allianz.


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