Fest im Sattel: Feuerstein Arena im Harz

Foto: Matthias Bein
Die neue Feuerstein Arena im Ortsteil Schierke von Wernigerrode liegt auf gut 600 m über N.N. am Südhang des Brocken im Harz. Hervorgegangen ist sie aus einem Eisportplatz aus dem Jahr 1911, der nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Natureisstadion ausgebaut wurde. 1950 fanden hier die 1. DDR-Meisterschaften im Wintersport statt. Nachdem die gesamte Anlage zunehmend baufällig wurde, beschloss das sachsen-anhaltische Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr zusammen mit der Stadtverwaltung von Wernigerode 2013 die Neugestaltung des unter Denkmalschutz stehenden Eisstadions. Den Architekturwettbewerb gewannen Graft Architekten unter statischer Beratung von schlaich bergermann partner. Die Planer der neuen Schierker Arenaüberdachung verweisen bewusst auf die formale Verwandtschaft zu einem Servicepavillon der Wolfsburger Autostadt, der im Jahr des Wettbewerbsgewinns in gleicher Planungskonstellation fertig gestellt wurde.
Bei beiden Konstruktionen handelt es sich um sattelartig gekrümmte Seilnetzdächer, deren durchgehende Zugseile in einem umlaufenden, dynamisch verformten Stahlrandträger unter Spannung fixiert sind. Beide Dächer sind lediglich in zwei großen Widerlagern an den Tiefpunkten der Dachstruktur eingespannt. Über diese erfolgt auch die Drainage der 2.300 m² großen Dachfläche. Die Sattelfläche überdacht nicht nur vollständig die 55 m x 27 m messende Eisfläche, sondern überragt stützenfrei auch die anschließenden Zuschauertribünen über eine Distanz von 75 m. Mit dem neuen Dach ist es möglich, die Arena auch außerhalb der Wintersaison, etwa für größere Kulturevents und Konzerte, wetterunabhängig zu nutzen.
Die gekrümmte Fläche besteht aus einem unteren Seilnetz, mit 2 m Maschenweite, auf dem eine mit PTFE beschichtete Glasfasermembran aufliegt. Sämtliche äußeren Kräfte, wie Wind- oder Schneelast werden von der Membran über 540 Knotenpunkte auf das vorgespannte Seilnetz übertragen und von dort in den, im Querschnitt punktsymmetrischen Randträger eingeleitet. Dieser ist 190 m lang und als geschweißter Stahlhohlkasten ausgeführt. Seine Höhe variiert zwischen 60 cm und 140 cm, seine Blechstärke zwischen 15 bis 55 mm. Vom Randträger werden die Kräfte über die besagten Widerlager zu einer Flachgründung und von dort in den Baugrund abgeführt. Horizontale Lagerreaktionen in der Längsachse werden durch ein zentrisch vorgespanntes Stahlbetonband kompensiert, das unterhalb der Arenafläche angelegt ist.
Auf ihrer Südseite wird die Arena von der »Kalten Bode« umflossen, auf der Nordseite schließen sich bestehende Natursteintribünen an, in deren Mittelachse ein denkmalgeschützter und mit Holz verkleideter Wettkampfrichterturm steht. Durch das Öffnen der langen Dachflanken wurde der Bestand neu inszeniert und dem Areal die Anmutung eines halboffenen Amphitheaters verliehen.
Weitere Informationen:
Landschaftsplaner: Wes – Landschaftsarchitektur, Hamburg
Bauphysik: Ingenieurbüro Mark Bartel, Bad Harzburg
Dachtragwerk: Zeman & Co, Wien/A
Dach-Membran: Taiyo Europe, Sauerlach