Future Building Trends - Neue Potenziale durch Materialinnovationen

FUCON-Trendcluster: Membranbau Folie und Kissen, Tensairity, Glasfaserverstärkter Kunststoff, Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff, Naturfaserverstärkter Kunststoff und Holz Seit jeher sind Innovationen in der Herstellung und Gewinnung von Baustoffen und Materialien die Grundlage des Fortschritts in Forschung, Bauwesen, Mobilität oder Informationstechnik. Die Studie "Future Building Trends" des Fraunhofer IAO sucht im Rahmen des Forschungsprojekts "Future Building Construction FUCON - Bauen im Jahr 2020" nach Materialinnovationen und den damit verbundenen Veränderungen, die sich für die Baubranche in den nächsten Jahren ergeben werden. Im Bauwesen sind es vor allem neue Fertigungsmethoden, aber auch Materialinnovationen, die der Branche zum ständigen Fortschritt verhelfen. Im Mittelalter war es die sich ständig verbessernde Verarbeitung von Glas, zur Zeit der Industrialisierung die Etablierung von Eisen und später von Stahl. Ende des 19. Jahrhunderts beeinflusste die Entwicklung von Stahlbeton die Architektur und schuf völlig neue Möglichkeiten. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts beschäftigen sich Architekten und Ingenieure besonders mit dem Thema des Leichtbaus, neue Werkstoffe aus dem Bereich der Kunststoffe unterstützen diese Entwicklung.
1. Membranbau Folie Da in den letzten Jahren Fortschritte im Bereich der Materialeigenschaften von Membranen erzielt wurden, hat sich auch das Bauen mit diesen Baustoffen wieder vermehrt etabliert. So wurde beispielsweise für die Expo 2010 in Shanghai von Knippers Helbig das weltgrößte Membrandach realisiert. Bei dieser Großstruktur wird die Membran als schützende Dachstruktur aufgespannt. Seit einiger Zeit gibt es zusätzlich auch den Trend zur Nutzung von Membranen als leichte und transparente zweite Hülle, wie beispielsweise bei der Unilever Hauptzentrale Deutschland in Hamburg von Behnisch & Partner.

2. Membranbau Kissen Ein weiterer, erst seit wenigen Jahren in diese Richtung verlaufender Trend ist das Koppeln von zwei oder drei Membranen zu einem Membrankissen, auch Pneu genannt. Diese Kissen stehen unter einem leichten Überdruck und werden bevorzugt in der Fassadengestaltung verwendet, da sie zum einen aktiv zur Verschattung beitragen und zum anderen als Medienfassade mit Licht bespielt werden können. Als Beispiele eignen sich hier die Allianz Arena in München von Herzog & de Meuron oder auch das Projekt Water Cube von PTW + ARUP in Peking.

3. Tensairity An der ETH Zürich wurde auf der Grundlage von Pneus an einer extrem leichten und einfach zu transportierenden Tragstruktur geforscht. Das Projekt Tensairity vereint Druckstäbe und Zugseile um eine unter leichtem Überdruck stehende pneumatische Struktur. Der Pneu ist dafür zuständig, die Druck- und Zugglieder räumlich voneinander zu trennen und gegen Knicken zu schützen. Diese Entwicklung ist besonders für temporäre Trag- und Stützstrukturen geeignet. Erste Anwendungen finden sich bei dem Projekt Parkdeck Montreux in der Schweiz von Luscher Architectes & Airlight Ltd oder bei der Skiläufer-Brücke im französischen Lanslevillard von Barbeyer Architect & Airlight Ltd.

4. Glasfaserverstärkter Kunststoff Neben dem Membranbau wurden im Sektor des Leichtbaus auch im Bereich der faserverstärkten Kunststoffe immense Fortschritte erzielt. GFK - Glasfaserverstärkter Kunststoff - findet schon seit langer Zeit Anwendung in den Bereichen Fahrzeug- und Schiffsbau sowie in der Luftfahrt und der Elektrotechnik. Im Bauwesen musste dieses Material bisher ein Schattendasein fristen und wurde lediglich für Möbel, Oberflächen oder sanitäre Anlagen verwendet, in wenigen Fällen für Dachfenster oder Fassadenteile. Seit einigen Jahren findet in der Branche jedoch ein Umdenken statt, so wurde zum Beispiel bei Friedberg in Hessen vom Institut für Tragkonstruktion und Konstruktives Entwerfen der Universität Stuttgart in Kooperation mit Knippers Helbig eine Straßenbrücke errichtet, deren Fahrbahn aus GFK besteht. Bei dem Projekt The Walbrook in London von Foster+Partners wurde der Werkstoff für eine komplexe Fassadengestaltung verwendet. Noch einen deutlichen Schritt weiter ist die dänische Firma Fiberline gegangen, die sich auf die GFK-Fertigung spezialisiert hat und die Fassade des Hauptsitzes im dänischen Middlefart komplett aus GFK und Glas gestaltet hat.

5. Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff Ein weiterer Hochleistungsverbundwerkstoff ist Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff, kurz CFK, oder auch aus dem Rennsport bekannt als Carbon. Dieser Verbundwerkstoff findet schon seit langer Zeit Anwendung in den Bereichen des Motorsports, der Luft- und Raumfahrt sowie von Sportgeräten. Im Bauwesen wurde das Potenzial des Materials jedoch lange Zeit nicht vollständig erfasst und wird heute meist lediglich zur Nachbesserung oder Verstärkung von Stahlbetonstrukturen verwendet, wie beispielsweise bei dem Tanzenden Haus "Ginger und Fred" in Prag von Frank Gehry. Für eine dem Material entsprechende Verwendung gibt es bisher lediglich Visionen, wie zum Beispiel die Mediathèque Intercommunale in Paris von Zaha Hadid oder der Bionic Tower in Dubai von LAVA. Dies ist sehr wahrscheinlich auch den hohen Produktionskosten des Materials geschuldet.

6. Naturfaserverstärkter Kunststoff Deutlich billiger und nachhaltiger in der Herstellung sind naturfaserverstärkte Kunststoffe, kurz NFK. Sie bestehen mindestens zu 70 Prozent aus natürlichen Rohstoffen, meist Hanf- oder Flachsfasern, eingebettet in einen Kunststoff, wie Polyesterharz oder Epoxidharz. Im Moment sind die Materialeigenschaften noch nicht vergleichbar mit denen von GFK oder CFK, die Werte werden sich vermutlich durch weitere Forschung in den nächsten Jahren annähern. NFK hat jedoch auch viele Vorteile. Er ist unabhängig von Ölpreisen, nachwachsend und gesundheitlich unbedenklich. Gerade diese Eigenschaften machen NFK in Zeiten des Themas der Nachhaltigkeit zu einem besonders interessanten und relevanten Baustoff. Beispiele aus der Architektur liegen noch nicht vor. Das Material findet momentan Einsatz bei Karosserieteilen und Interieur von Rennwagen im Motorsport.

7. Holz Auch altbewährte Baustoffe lassen sich durch gezielte Forschung in ihrer Verarbeitung und Leistung deutlich verbessern. So wurden zum Beispiel die Forschungen am Werkstoff Holz in den letzten Jahren so weit vorangetrieben, dass ein deutlich besseres Tragverhalten erzielt wurde. Dies ist nicht nur den besseren Leimen, sondern auch verbesserten Verbundmethoden zu verdanken. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren verschiedene Wohnbauobjekte aus Brettsperr- bzw. Brettschichtholz gebaut, so wie das achtgeschossige Murray Grove von Waugh Thistleton Architects in London, welches bis auf das Sockelgeschoss komplett in Brettsperrholz konstruiert wurde, oder das siebengeschossige Hochhaus E3 in Berlin von Kaden Klingbeil Architekten.

Weitere Informationen finden Sie hier Informationen zum Netzwerkpartner FUCON/Fraunhofer IAO Bildrechte:
1: MembrandachExpo 2010, Shanghai (China), Knippers Helbig
2: WaterCube, Peking (China), PTW + ARUP
3: Skiläufer-Bru?cke (Tensairity), Lanslevillard(F), BarbeyerArchitect& AirlightLtd
4: Straßenbru?cke, Friedberg (D), ITKE Universität Stuttgart, Knippers Helbig
5: TanzendesHaus, Prag (CZ), Frank Gehry, Fotograph: Matteo Piotto
6: Eco Elise, Lotus
7: E 3, Berlin (D), Kaden Klingbeil Architekten
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