21.12.2008 Katja Reich

Interview James Ludwig, Steelcase

Der Mensch spielt die zentrale Rolle in der Designabteilung von Steelcase. Wie globale Entwicklungen und wir als Menschen mit unserem Verhalten das Design von heute und morgen bestimmen, darüber sprach DETAIL-Redakteurin Katja Reich mit James Ludwig, dem Vice President Global Design bei Steelcase Inc., im Rahmen der Orgatec in Köln.

DETAIL: Seit März 2008 tragen Sie die weltweite Verantwortung für das Produktdesign von Steelcase. Was zeichnet Ihre neue Position aus?

Ludwig: Wir wollen sehen und verstehen, wie sich die geschäftlichen Beziehungen weltweit verändern und entwickeln. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die bestehenden Muster, die Anforderungen und Bedürfnisse unserer unterschiedlichsten Kunden zu analysieren und die Vorteile
dieser globalen Einflüsse für unsere Produktentwicklung zu nutzen. Mit meinem Team von 14 Mitarbeitern bin ich permanent über einen Internet-Blog verbunden, während sie überall auf der Welt unterwegs sind, um aktuelle Strömungen aufzuspüren, die unsere Geschäftswelt von morgen beeinflussen werden. Meine Aufgabe ist es, all diese Dinge zu überblicken und die besten Ideen zusammenzuführen.

DETAIL: Es sind also globale Themen, die Sie interessieren und beeinflussen?

Ludwig: Absolut. Für mich und mein Team sind es vor allem zwei Dinge, die das Gerüst, die Rahmenbedingungen modernen Designs bestimmen. Zum einen beobachten wir einen Wandel im Verhalten z.B. bei Meetings. Völlig akzeptiert sind heute informelle Meetings, etwa in einer Lounge. Während man spricht, hat man den Laptop offen, vernetzt sich per W-LAN und ist in der Lage, zeitgleich Informationen abzurufen oder weiterzugeben. Das war vor einigen Jahren noch nicht vorstellbar. Womit wir beim zweiten wichtigen Punkt wären – dem technologischen Wandel. Mich und mein Team interessieren vor allem die Schnittstellen zwischen diesen beiden Themen, also wie beeinflussen neue Technologien das Verhalten, oder erfordern veränderte Verhaltensweisen neue Technologie? Dann stellen wir uns die Frage, wie sich die daraus gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen auf die Arbeitswelt auswirken. Ein Beispiel: Wenn ich in mein Büro komme, ist es meist halb leer. Normalerweise würde ich als Chef jetzt fragen: »Wo ist mein Team?« Meine Frage aber lautet: »Wer ist onwork?«, also im Sinne von online sein. Denn meine Mitarbeiter können zu diesem Zeitpunkt in Schanghai, in München, im Raum nebenan oder auch von zu Hause aus arbeiten. Hier hat eine sehr innovative Entwicklung stattgefunden, die es den Menschen erlaubt, zu arbeiten, wie, wo und wann es für sie am besten ist.

DETAIL: Entsteht denn so ein spezielles Steelcase-Design und wodurch zeichnet es sich aus?

Ludwig: Eine interessante Frage, die jede Produkt-Typologie betrifft. Ich glaube, es sind eine Handvoll Dinge, die die Designsprache eines Steelcase-Produkts bestimmen. Wir glauben an eine gewisse Zurückhaltung und legen viel Wert auf die Handhabung der Produkte. Betrachtet man sie aus einer gewissen Entfernung, mögen sie sich zwar nicht wesentlich von Produkten anderer Anbieter unterscheiden, aber in der Handhabung steckt all unsere Erfahrung. Zusammenfassend kann man vielleicht sagen: unsere Produkte sind elegant, begehrenswert und markttauglich. Sie basieren auf Forschungsergebnissen und sind danach ausgerichtet, was unsere Kunden sich wünschen, sie sind zeitgemäß, aber nicht modisch. Und sie sind nachhaltig – ein Punkt, der uns sehr wichtig ist. Auf der Suche nach einem Steelcase-Produkt lohnt sich also immer ein Blick hinter die Kulissen.

DETAIL: Haben Sie durch Ihre zusätzliche Ausbildung als Architekt eine andere Sicht auf die Dinge als ein Produktdesigner?

Ludwig: Mein architektonischer Hintergrund hilft mir, systematisch zu denken. Das weiß ich wirklich zu schätzen. Ich lege mein Augenmerk vornehmlich auf die Zusammenhänge und Wechselbeziehungen innerhalb komplexer Systeme, etwa wie Menschen arbeiten und welche Technologien damit verbundenen sind. Auf diese Fähigkeit, im Kontext zu denken, achte ich auch bei der Zusammenstellung meines Teams. Mir ist es wichtig, Objekte zu entwickeln, die logisch und kontextuell miteinander verbunden sind und nicht nur schön aussehen.

DETAIL: Forschung und Entwicklung gehören bei Steelcase also zu den zentralen Themen. Was steckt beispielsweise hinter »WorkSpace Futures«?

Ludwig: Hinter WorkSpace Futures steckt ein Forschungsteam, das eng mit uns zusammenarbeitet. Seine Aufgabe besteht darin, Menschen bei ihrer Arbeit einfach zu beobachten. Im Gegensatz zu der herkömmlichen Methode, sie zu ihren Arbeitsabläufen zu befragen, können auf diese Weise ganz andere Erkenntnisse gewonnen werden – denn oft besteht ein deutlicher Unterschied zwischen dem, was Leute sagen und ihrem tatsächlichen Verhalten. Die so gewonnenen Erfahrungen helfen uns, Produkte zu entwickeln, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Nutzer entsprechen.

James Ludwig von Steelcase

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