27.08.2025 Jeanette Kunsmann

Kartierung der Gegenwart: Iconic Awards 2025

Pavillon zur Expo Osaka 2025 von Lina Ghotmeh - Architecture, © Iwan Baan

Das Studierendenhaus Braunschweig von Gustav Düsing und Max Hacke, das Kinderspital Zürich von Herzog & de Meuron für die Eleonorenstiftung, Lina Ghotmeh, Lucas Muñoz Muñoz und Mariam Issoufou: Das sind die Sonderpreise der Iconic Awards 2025.

Eingangsbereich mit breitem Durchgang aus Holzlamellen und Betonrahmen, vertikale, rhythmische Struktur und großen Öffnungen.Eingangsbereich mit breitem Durchgang aus Holzlamellen und Betonrahmen, vertikale, rhythmische Struktur und großen Öffnungen.
Architects' Client of the Year: Kinderspital Zürich von Herzog & de Meuron für die Eleonorenstiftung, © Maris Mezulis

Jurykommentar: Internationale Awards und regionale Architekturpreise sind immer ein guter Weg, um den Status Quo der Bauwirtschaft zu erfassen. Die bewerteten Projekte formen in ihrer Summe nicht nur eine Momentaufnahme der aktuellen Architektur, sondern auch unserer Gesellschaft und ihrer Entwicklung. Welche Typologien werden verwirklicht? Welche Gestaltungssprache, welche Materialien, welche Haltungen finden sich als wiederkehrende Merkmale? Gibt es ungewöhnliche und kreative Lösungen, die erfolgreich drängende Herausforderungen unserer Zeit adressieren?

Transparenter Pavillons mit Stahlstrukturen, zwei außenliegenden Treppen, offenen Fassaden und klar gegliedert durch vertikale Stützen.Transparenter Pavillons mit Stahlstrukturen, zwei außenliegenden Treppen, offenen Fassaden und klar gegliedert durch vertikale Stützen.
Debut Work of the year: Studierendenhaus Braunschweig von Gustav Düsing und Max Hacke, © Leonhard Clemens 

2025 sind die Einreichungen auffallend facettenreich. Die Zeit der klassischen Kulturbauten, der Museen und Konzerthallen, scheint überwunden. Ein Blick auf die Liste der Best-of-best Projekte und Preisträger der Iconic Awards 2025 unterstreicht: Anstelle strahlkräftiger Solitäre aus den Händen der Stararchitektur stechen vor allem kluge Umbaukonzepte und experimentelle Bestandssanierungen hervor – mit lebensnahen Nutzungskonzepten, die individuell auf die Bereiche Arbeit, Gesundheit, Bildung oder Energie zugeschnitten sind. Das ist neu.

Hoher rechteckiger Ausstellungsraum mit heller Steinverkleidung, umlaufender Galerie, gerippter Decke, zentraler Achse mit Skulpturen und Besucherinnen.Hoher rechteckiger Ausstellungsraum mit heller Steinverkleidung, umlaufender Galerie, gerippter Decke, zentraler Achse mit Skulpturen und Besucherinnen.
Architect oft the Year: Lina Ghotmeh, © Lina Ghotmeh — Architecture
Junge Frau mit kurzem Haarschnitt und roten Lippen, lächelnd, trägt einen schwarzen Cardigan.Junge Frau mit kurzem Haarschnitt und roten Lippen, lächelnd, trägt einen schwarzen Cardigan.
Architect oft the Year: Lina Ghotmeh, © David Levene

Die Kehrichtverwertungsanlage mit Photovoltaik-Kraftwerk in Emmenspitz-Zuchwill ist so ein starkes Beispiel für die ambitionierte Gestaltung eines Zweckbaus. Das Zürcher Büro Penzel Valier hat den Bestand als beeindruckende Betonskulptur weitergedacht – und mit einer 5000 m² großen Photovoltaik-Fassade ausgestattet. Architektur beweist hier mehr als nur Mut zur großen Form. Das Kraftwerk gewinnt eine der Auszeichnungen Best of Best. 

Geometrische Betonstrukturen mit feinen Linien, Einschnitten und vertikaler Betonung; horizontale Schichtungen verstärken die Massivität des Baukörpers.Geometrische Betonstrukturen mit feinen Linien, Einschnitten und vertikaler Betonung; horizontale Schichtungen verstärken die Massivität des Baukörpers.
Kehrichtverwertungsanlage Penzel Valier, © Bruno Augsburger
Extrem hoher Raum mit Stahlbetonwänden, Schalungsspuren und Tageslichtöffnung im Dach.Extrem hoher Raum mit Stahlbetonwänden, Schalungsspuren und Tageslichtöffnung im Dach.
Kehrichtverwertungsanlage Penzel Valier, © Bruno Augsburger

Bauen nach der Pandemie

2025, das bedeutet auch, dass Gebäude bewertet werden, die in den meisten Fällen nach dem März 2020 entworfen und geplant wurden. Die Erfahrungen nach dem März 2020 haben in Architektur und Stadtplanung sichtbare Spuren hinterlassen.  Aus den Einreichungen für die Iconic Awards 2025 fallen außerdem viele Projekte aus verschiedenen Kontexten und Kontinenten auf, die hochwertig ausformulierte Räume zwischen Innen und Außen verbinden. Sie vereint der Wunsch Architektur und Natur für eine gemeinschaftliche Nutzung und zur Verwirklichung individueller Bedürfnisse zu verbinden.

Junger Mann mit Bart und Cappy in lässigem Hemd sitzt auf einem Metallstuhl, hält eine große aufgeklappte Zeichnung; im Hintergrund gestapelte Kisten mit seinem Namen.Junger Mann mit Bart und Cappy in lässigem Hemd sitzt auf einem Metallstuhl, hält eine große aufgeklappte Zeichnung; im Hintergrund gestapelte Kisten mit seinem Namen.
Interior Designer of the Year: Lucas Muñoz Muñoz, © YagoCastromil
Heller Raum mit hohen Wänden, sichtbarer Technikdecke, minimalistischen Holzbänken und Wandlampen, zentrale Installation aus Metall und Keramik.Heller Raum mit hohen Wänden, sichtbarer Technikdecke, minimalistischen Holzbänken und Wandlampen, zentrale Installation aus Metall und Keramik.
© Gonzalo Machado

Wie sich mit der Natur gebaute Strukturen gelungen verbinden lassen, macht das Sozialpädagogische Zentrum Korneuburg in Österreich von Atelier Thomas Pucher vor. Der 2024 fertiggestellte Holzbau geht auf einen Wettbewerbsentwurf von 2020 zurück, der den traditionellen Vierkanthof als zeitgemäße runde Form neu interpretiert. Das Zentrum bildet ein grüner Patio. Dieser wird von dem ovalen Gebäude wie ein Nest eingerahmt und geschützt. Es bilden sich Orte, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen und dabei gleichermaßen Gemeinschaft sowie Privatsphäre fördern sollen. 

Flacher, geschwungener Holzbau mit vertikaler Lamellenfassade, großen Fensteröffnungen und vorgelagertem Grünraum mit Wegen und Bäumen.Flacher, geschwungener Holzbau mit vertikaler Lamellenfassade, großen Fensteröffnungen und vorgelagertem Grünraum mit Wegen und Bäumen.
Sozialpädagogische Zentrum Korneuburg von Atelier Thomas Pucher, © Crystal O’Brien-Kupfner, Simon Oberhofer 

Materialbekenntnisse

Kreislaufgerechte Bauweisen mit wiederverwendbaren Elementen und naturbelassende Materialien sind für viele Architekturbüros heute längst Maßstab und Selbstverständlichkeit. Insbesondere die Bauaufgaben mit und im Bestand bieten ein wachsendes Handlungsfeld. Auffallend ist aber auch der selbstbewusste Einsatz von Naturbaustoffen. Auch die Ersatzneubauten in Buchs aus Holz und aus Lehm für das Mehrfamilienwohnhaus Haus der Freunde kommen ohne Kunst- oder Verbundstoffe aus. Das Pionierprojekt von Carlos Martinez Architekten überzeugt außerdem mit vorfabrizierten Stampflehmwänden, die im Inneren für angenehmes Raumklima sorgen. 

Die Umnutzung einer Agrikultur-Kooperative in ein multifunktionales Kulturzentrum vom Studio Camps Felips Arquitecturia im spanischen Flix sticht innerhalb der Einreichungen 2025 mit einer besonders konsequenten Materialsprache hervor. Die unverputzten Ziegeloberflächen erzeugen innen wie außen eine allumfassende Terracotta-Fläche mit warmen Erdtönen, die durch den Einsatz lokaler Materialien die regionale Wirtschaft unterstützen und Bautraditionen bewahren. Dank seiner hervorragenden Dämmeigenschaften senken die handgefertigten Keramikziegel auch den Energieverbrauch des Gebäudes. Für die Jury ist diese Sanierung ein eindeutiger Kandidat einer Best of Best-Auszeichnung. 

Ovale Ziegeltreppe über mehrere Geschosse, Wände als Bücherregale, große Öffnung mit Blick auf mehrgeschossiges Fenster.Ovale Ziegeltreppe über mehrere Geschosse, Wände als Bücherregale, große Öffnung mit Blick auf mehrgeschossiges Fenster.
Buchhandlung Tianjin Zhongshuge von Studio X+Living, © SFAP
Langer, gewölbter Raum mit gestaffelten horizontalen Lamellen aus dunklem Material, symmetrischer Struktur und beleuchtetem Abschluss, Ziegelwendeltreppe im Abschluss.Langer, gewölbter Raum mit gestaffelten horizontalen Lamellen aus dunklem Material, symmetrischer Struktur und beleuchtetem Abschluss, Ziegelwendeltreppe im Abschluss.
Buchhandlung Tianjin Zhongshuge von Studio X+Living, © SFAP

Ähnlich handhabt es das Studio X+Living bei dem Projekt für die Buchhandlung Tianjin Zhongshuge in einem historischen Viertel im chinesischen Tianjin, das durch eine gezielte Materialsprache Architektur und Innenarchitektur zusammenbringt. Insgesamt 400 000 dunkelrote Ziegel formen die extravaganten Fassaden und im Inneren spektakulär inszenierte Stufen, Bücherregale und Sitzgelegenheiten. Die Wiederholung der Steine erzielt ihre Wirkung. 

Von Europa in die Welt

Die Baukultur in Asien folgt einer eigenen Sprache und Philosophie. Nicht nur der Pritzker-Preis blickt dieses Jahr in Richtung Asien. Nachdem 2024 die höchst dotierte Auszeichnung der internationalen Architekturwelt bereits zum achten Mal nach Japan – an den Architekten Riken Yamamoto – ging, wurde 2025 der chinesische Architekt Liu Jaikun geehrt. Auch die Iconic Awards haben ihre Perspektive über Europa hinaus in den asiatischen Raum geöffnet. Bereits in den Vorjahren qualifizierten sich eine Reihe hochwertiger Architekturprojekte aus China, Japan und Thailand für den Wettbewerb. Neben den Gebäuden von Vector Architects aus Peking bereicherte die diesjährigen Iconic Awards auch das Studio HEMAA aus Mexiko mit eleganten Bauten. 

Innenhof mit großem Baum in zweigeschossigem Gebäude, geschlemmte Ziegelfassade, Fensterreihe mit offener Glas-Holzfassade im Erdgeschoss.Innenhof mit großem Baum in zweigeschossigem Gebäude, geschlemmte Ziegelfassade, Fensterreihe mit offener Glas-Holzfassade im Erdgeschoss.
Vector Architects, © Arch-Exist

Einreichungen von Gebäude und Konzepten aus dem afrikanischen Kontinent sollten als Einladung für 2026 unbedingt ein nächster Schritt sein, um die Ergebnisse des international ausgerichteten Preises zu vervollständigen. Immerhin: Mit der Entscheidung für die nigerianische Architektin Mariam Issoufou Kamara (New York City & Zürich) als Creator of the Year und der libanesisch-französische Architektin Lina Gothmeh (Paris) als Architect of the Year setzen die Iconic Awards 2025 klare Statements für eine Branche, die sich gerade neu (er)-findet.

Blick von unten auf ein Ziegelgewölbe, modern interpretiert, mit geschwungenen Stahlbetonträgern auf Säulen gestützt.Blick von unten auf ein Ziegelgewölbe, modern interpretiert, mit geschwungenen Stahlbetonträgern auf Säulen gestützt.
Creator of the Year: Mariam Issoufou Kamara, © James Wang
Dunkelhäutige Frau steht mit verschränkten Armen, trägt gestreiftes Hemd, ärmellosen Pullover und goldenen Schmuck.Dunkelhäutige Frau steht mit verschränkten Armen, trägt gestreiftes Hemd, ärmellosen Pullover und goldenen Schmuck.
Creator of the Year: Mariam Issoufou Kamara, © Matthieu Gatsoutif

Die Preisverleihung der Iconic Awards findet am 7. Oktober 2025 in der BMW Welt in München statt. Der Preis wird German Design Council – Rat für Formgebung vergeben. Mit der diesjährigen Ausgabe verbinden sich die bisherigen Formate Iconic Awards: Innovative Architecture und Iconic Awards: Interior Products unter dem Titel Iconic Awards zu einer Plattform für Architektur, Interior Design und Produktinnovationen.

Detail ist Medienpartner der Iconic Awards.

Zu Online Galerie mit allen Preisträger der Iconic Awards 2025: iconic-awards.com



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