Komplexe Formen einfach bauen: Die Asymptotische Gitterschale der TU München

Foto: Felix Noe / Martin Ley
Um eine gezielte Vereinfachung der Bauteilgeometrie zu bewirken, werden die Krümmungen der Fläche und der Kurven des Tragwerks.während des Entwurfsprozesses kontrolliert. Die Form wird als Minimalfläche entworfen, das sind Gleichgewichtsformen, die in der Natur in Form von Seifenhäuten auftreten. Das Netzwerk der Struktur beruht auf »asymptotischen Kurven«, auch »Schmieglinien« genannt. Diese werden nicht frei entworfen, sondern verlaufen immer in der Richtung, in der die normale Krümmung der Fläche null ist. Ein Algorithmus findet diesen asymptotischen Pfad und erzeugt so ein fast quadratisches, rechtwinkliges Netzwerk.
Einfache Konstruktion
Die Kombination aus Minimalfläche und asymptotischen Netzwerk hat sich als vorteilhaft für den Bau elastischer Gitterschalen erwiesen: Die Lamellen können gerade und eben gefertigt werden. Dabei entsteht fast kein Verschnitt. Darüber hinaus lassen sich die Lamellen effektiv lagern und transportieren. Ihre starke Achse wird aufrecht zur Fläche verbaut und trägt so die externen Lasten ab. Die schwache Ache hingegen ist biegsam und ermöglicht den elastischen Bauprozess: Die Lamellen werden über kleine Schlitze zu ebenen Segmenten ineinandergesteckt. Jedes Segment wird dann in die zweifach gekrümmte Form gebogen. Dafür ist kein Gerüst notwendig. Die Fixierung der Knoten auf 90 Grad reicht aus, um die Form zu fixieren. Für die Asymptotische Gitterschale wurden neun solcher Segmente vorgefertigt und anschließend auf der Baustelle zusammengesetzt, wie ein großes 3D-Puzzle. Das Gitter wird schließlich durch diagonale Stahlseile versteift und bildet so eine selbsttragende Gitterschale.
Asymptotische Gitterschale
Die Asymptotische Gitterschale ist das erste architektonische Tragwerk, das sich die Vorteile asymptotischer Kurven zu Nutze macht. Das 90m² große Gitter spannt ca. 9 x 12 m. Es hat ein Flächengewicht von ca. 18kg/m², das entspricht einem Gesamtgewicht von ca. 1,6 Tonnen. Der Pavillon wurde im Oktober 2017 mit Hilfe der Metallbaufirma Brandl fertiggestellt und dient als Veranstaltungsort für das 150-jährige Jubiläum der TUM.
Weitere Beteiligte:
Pfeifer, Seil- und Hebetechnik, Memmingen
Fitzek Metallbau, Kipfenberg Technisches Zentrum, TUM