Reciprocal House in London von Gianni Botsford

Es war einer der ersten Aufträge für Norman Foster und sein 1967 gegründetes Büro: Ein bekannter Londoner Journalist bat Foster Associates, sein ehemaliges Kutscherhaus in einem Hinterhof im Stadtteil Hampstead umzubauen und zu erweitern. Ein neuer Eingangsbereich und ein großzügiger Music Room auf der Gartenseite sollten dabei entstehen. Das Projekt übernahm damals Patti Hopkins, die sich 1976 gemeinsam mit ihren Ehemann Michael selbstständig machte und ganz in der Nähe das berühmte Hopkins House schuf.

Das Reciprocal House steht umgeben von deutlich größeren Gebäuden im Nord-Londoner Stadtteil Hampstead. © James Eagle

Der neue Besitzer des Hauses wandte sich 2017 an Gianni Botsford, um das Haus erneut an aktuelle Bedürfnisse anzupassen. Eine längere Konzeptionsphase mit zahlreichen Arbeitsmodellen schloss sich an, dann stand das Konzept fest: der historische Altbau musste weichen und wurde durch ein unterkellertes, dreigeschossiges Vorderhaus ersetzt. Im Keller sind ein Heimkino und ein Arbeitsplatz untergebracht, die Licht von außen über mehrere Lichtschächte erhalten. Das erste Obergeschoss ist den Kindern vorbehalten und in der zweiten Etage wohnen die Eltern. Im Erdgeschoss ergänzen sich Koch- und Essplatz im Neubau und Wohnraum im ehemaligen Annex aus den 1960er-Jahren zu einem Raumkontinuum. 

Schnittstelle zwischen Alt und Neu: Links der ehemalige Anbau von Foster Associates aus den 1960er-Jahren, rechts der dreigeschossige Neubau von Gianni Botsford Architects. © Schnepp + Renou

Drei Treppenstufen und ein spürbarer Materialkontrast machen dennoch deutlich, wo das Alte aufhört und das Neue beginnt. Der Anbau von Foster Associates hat eine größere Raumhöhe, Wände aus grauem Betonsteinmauerwerk und filigrane Deckenträger, die ein Flachdach aus Trapezblechen tragen. In Gianni Botsfords Neubau hingegen dominieren Sichtbetonwände und -decken. Für Kontinuität zwischen den beiden Raumhälften sorgen der durchgehende Bodenbelag und die großzügigen Fensteröffnungen in den Außenwänden. 

Auf der Rückseite öffnen sich die beiden Obergeschosse mit raumhohen Glasflächen zu einer 56 m² großen Dachterrasse. © Schnepp + Renou

Ebenso wie Foster Associates setzten auch Gianni Botsford Architects im Innenraum auf wenige, industrielle Materialien – allen voran Aluminium. Daraus bestehen die Wendeltreppe, die alle Geschosse miteinander verbindet, ebenso wie die Schiebetüren in den Obergeschossen und weite Teile des Mobiliars. Auch das markante, über zwei Etagen reichende Schrägdach – eine Hommage an die Mansarddächer des 19. Jahrhunderts – passt sich mit in perforierten, braunen Aluminiumpaneele an die umliegende Vegetation im Hinterhof an. Im Innenraum wirken die Paneele, die das massive Betondach ebenso einhüllen wie die Obergeschossfenster, als Lichtfilter. Die innen liegende Wendeltreppe wird über ein Oberlicht, das sich als Ganzes zur Seite schieben lässt, belichtet und entlüftet. Auf dem Dach des Anbaus ist eine 56 m2 große Dachterrasse entstanden.