Historisches Erbe bewahren
Wiederbelebung der Kirche Sant Esteve bei Barcelona
Wenige Eingriffe konsolidieren die historische Bausubstanz der romanischen Kirche Sant Esteve bei Barcelona. © Judith Casas
Auf einem kleinen Hochplateau in der Gemeinde Marganell bei Barcelona liegt, umgeben von einer idyllischen Naturlandschaft, die Kirche Sant Esteve. Das Gebäude hat im Laufe der Jahre einiges erlebt. Neben Umbauten, Erweiterungen und mehrfachen Beschädigungen ereignete sich die bisher größte Zerstörung während des Spanischen Bürgerkriegs am 21. Juli 1936. An diesem Tag wurde die Kirche gemeinsam mit dem Pfarrhaus niedergebrannt. Seither war das romanische Gebäude verlassen und ohne Dach. Santamaria Arquitectes nahmen sich der historischen Bausubstanz an und haben die Kirche mit wenigen Eingriffen strukturell konsolidiert und feinfühlig revitalisiert.


Schnitt der Kirche Sant Esteve, Grafik © Santamaria arquitectes
Von der Vernachlässigung zur Vitalität
Um den Innenbereich für kulturelle und religiöse Veranstaltungen nutzen zu können, haben die Architekten zuerst die vertikalen Wände gereinigt, Pflanzenelemente entfernt und beschädigte Wandverkleidungen ersetzt. Eine neue Ergänzung, die das äußere Erscheinungsbild nicht verändert, findet sich über dem Hauptschiff: Hier hat das Team in etwa 5 m Höhe ein transparentes Glasdach eingesetzt. Das Dach kombiniert eine Metallstruktur und ein freistehendes Profil mit Balken, die in die ursprünglichen Steinmauern eingelassen sind. Im Apsisbereich bilden die Metallprofile einen Halbkreis und passen sich der Krümmung der Wände an. Eine robuste, aber elegante Lösung, die sich von der Originalsubstanz absetzt und harmonisch einfügt. Die Bodenbeläge bestehen aus natürlichen Materialien: Unter dem Vorsprung des großen transparenten Daches liegt Sand, alle anderen Bereiche sind mit sehr feinem Kieselbelag versehen. Unter den weichen Bodenbelägen befindet sich eine Geotextilfolie. Dieser Aufbau ermöglicht auch in Zukunft archäologische Arbeiten.


Über dem Hauptschiff der Kirche sitzt das neue Glasdach. © Judith Casas
Treppe für den Glockenturm
Der 15,7 m hohe Glockenturm war zu Projektstart ein leerer Turm mit quadratischem Grundriss. Aufgrund des Brandes der Kirche während des Bürgerkrieges war dieser Gebäudeteil unzugänglich. Santamaria Arquitectes haben den Zugang wiederhergestellt und im Turminneren eine Metalltreppe angebracht. Diese führt Besucher und Besucherinnen zu einem Aussichtspunkt in der Turmspitze, der einen freien Blick über das Gebiet und auf den Berg Montserrat gewährt. Die Lamellenböden der offenen Stufen sind nichts für Menschen mit Höhenangst, ermöglichen jedoch einen vollständigen Blick ins Turminnere und führen entlang der erhaltenen Bausubstanz.


Die neue Treppe im Glockenturm der Kirche ermöglicht einen freien Blick ins Turminnere. © Judith Casas


In der Turmspitze gibt es einen Aussichtspunkt für Besucher und Besucherinnen. © Judith Casas
Wenige Eingriffe, große Wirkung
Santamaria Arquitectes zeigen mit dieser Revitalisierung wie zeitgenössische Architektur behutsam in ein historisches Bauwerk integriert werden kann. Nur wenige, gezielte Eingriffe bewahren die historische Bausubstanz und erfüllen gleichzeitig neue Nutzungsanforderungen. Die ausgewählten Maßnahmen und Materialien fügen sich harmonisch in den Bestand ein und erhalten die Authentizität des romanischen Bauwerks.
Architektur: Santamaria Arquitectes
Standort: Marganell (ES)




















