Strich in der Landschaft
Wohnhaus in Marokko von Leopold Banchini Architects

Der rund 80 m lange Baukörper wird lediglich durch Türen und abwechslungsreich gestaltete Oberlichter gegliedert. © Rory Gardiner
Lehmwände sind in Marokko allgegenwärtig – allerdings werden sie in der Form, wie im Haus Dar el Farina selten in einem Wohnbau eingesetzt. Rund 80 m lang und nur wenige Meter tief ist das Ferienhaus für eine Familie, das der Schweizer Architekt Leopold Banchini in der Haouz-Ebene unweit von Marrakesh geplant hat. Am ehesten erinnert der fensterlose Bau an die Lehmwände, mit denen die Felder ringsum unterteilt werden. Auch das eine oder andere landwirtschaftliches Nutzgebäude folgt diesem Modell. Die meisten Wohngebäude in der Gegend sind dagegen traditionelle Hofhäuser.


Viele Türen führen in die Innenhöfe und Räume. © Rory Gardiner


Untereinander lassen sich die Räume mittels großer Schwingtüren aus Metallblech zusammenschalten. © Rory Gardiner
Hausform folgt Wasserlauf
Das weitläufige Grundstück liegt rund 1 km außerhalb des nächsten Dorfs und ist von zwei Infrastrukturelementen gekennzeichnet: Das erste, ein mesref, ist ein landwirtschaftlicher Bewässerungskanal, der ein paarmal im Jahr aus dem Atlas heraus mit Wasser gefüllt wird. Das zweite Element, khetara genannt, ist ein unterirdischer Bewässerungsstollen, der vor über 1000 Jahren von den Almoraviden gegraben wurde, um Marrakesh mit Grundwasser zu versorgen.
Lange Raumfluchten
Dar el Farina orientiert sich am Verlauf der beiden Wassergräben und teilt das Grundstück in zwei radikal unterschiedliche Landschaftsräume: Auf der Eingangsseite blieb die Wüste nahezu unberührt, auf der gegenüberliegenden Seite haben die Bewohner dank der Wasserzufuhr einen üppig wuchernden Garten angelegt. Das Innere des Hauses besteht aus einer langgestreckten Abfolge von Innenräumen und Patios, die alle von oben belichtet werden. An beiden Gebäudeenden liegt je ein Schlafraum mit Bad, dazwischen ein Gemeinschaftsraum mit Küche und der große Eingangshof mit Wasserbassin. Eine Quelle versorgt das Gebäude mit Trinkwasser, und auch in puncto Energieversorgung kommt das Haus – dank Solarzellen auf einem Nebengebäude und einer kleinen Lithiumbatterie – ohne Netzanschluss aus.


Nicht nur die Wasserbecken, auch Sitzgelegenheiten und der Küchenblock sind als Bodenvertiefungen gestaltet. © Rory Gardiner


Küchenblock, © Rory Gardiner
Oberlichter und Türen, aber keine Fenster
Mithilfe großer Schwingtüren lassen sich die Räume wahlweise öffnen oder vor ihrer Außenwelt verschließen. Die Außenwände des Hauses bestehen aus Lehm und würden an und für sich ausreichen, um das Betondach zu tragen. Aus Gründen des Erdbebenschutzes mussten die Architekten an einigen Stellen dennoch Betonstützen einfügen. Fenster hat das Haus keine – dafür zahlreiche Eingangstüren und viele Oberlichter, die im Gegensatz zu den Erdgeschosswänden aus Betonsteinen gemauert wurden. Innen sind diese „canons a lumière“ mit farbigen marokkanischen zellige-Fliesen ausgekleidet und tauchen so jeden Raum in ein anderes Licht. Auch der Bodenbelag aus Stampflehm und Bejmat-Fliesen orientiert sich an traditionellen marokkanischen Vorbildern.
Architektur: Leopold Banchini Architects
Bauherr: privat
Standort: bei Marrakesh (MA)
Partnerarchitektin: Sana Nabaha