05.02.2014 Peter Popp

Kompakte Box: Tiny Travelling Theatre

Performance- und Musikdarbietungen auf engstem Raum verspricht ein knallrotes mobiles Gefährt, das sich nach außen hermetisch gibt. Lediglich die zahlreichen trichterförmigen Ausstülpungen verweisen auf ein lebendiges Innenleben. Für ihr fantasievolles Miniaturtheater ließen sich Abberant Architecture von Thomas Britton inspirieren, einem Kohlenhändler und Hobbymusiker aus dem 17. Jahrhundert. Die kammermusikalischen Konzerte, die er zuhause auf dem Dachboden initiierte, genossen einen legendären Ruf in der damaligen Londoner Gesellschaft. Sogar Georg Friedrich Händel soll dort gesehen worden sein. Architekten: Abberant Architecture, London

Foto: Simon Kennedy

Grundriss, Grafik: Abberant Architecture

Schnitt, Grafik: Abberant Architecture

Die zunächst naheliegende Vermutung, die stilisierten Orgelpfeifen könnten möglicherweise eine akustische Verbindung zum Innenraum herstellen, erweist sich zum Glück als unwahr. In ihrer aktuellen Verwendung durchlaufen die Kohleneimer einen deutlich subtileren Bedeutungstwist und schaufeln nun großzügig Licht ins Innere der Bühnenbox. Dazu wurden die Böden der Eimer entfernt und durch Acrylglas ersetzt. Auch die obere Öffnung der Eimer wurde auf diese Weise verschlossen. So wird der Bühnenraum in ein gleichmäßiges Licht getaucht.

Foto: Simon Kennedy

Alles live! Face-to-Face-Performance auf engstem Raum. Foto: Simon Kennedy

Über eine Art Kajütentür betritt der Zuschauer die Schleuse zum Innenraum - aufgrund der bewusst niedrig gehaltenen Höhe in gebeugter Haltung, eine Verneigung vor Künstler und Publikum. Auf drei Seiten können die Besucher jeweils zu zweit in einer Sitznische Platz nehmen, die sich auch nach außen abzeichnet. Die Wände sind mit OSB-Platten verkleidet. Sie verleihen dem Raum einen der improvisiertzen Nutzung adäquaten Low-Fi-Charme.

Foto: Simon Kennedy

Gezogen von einem alten, umgerüsteten VW-Bus, tauchte das "Tiny Travel Theatre" zum ersten Mal während der "Clerkenwell Design Week 2012" auf. In dem angesagten Londoner Stadtteil hat sich zwischen Medienunternehmen, Designern und anderen Kreativen eine lebendige Szene etabliert. Dort findet sich also genau das richtige Publikum mit der nötigen Bereitschaft für eine spontane und intensive Erfahrung auf engstem Raum. Im Inneren des roten Kubus können sich auf zirka vier Quadratmetern maximal sechs Personen auf eine ungefilterte Darbietung aus den Bereichen Theater, Comedy oder Musik einlassen.

Foto: Simon Kennedy

Konzeptskizze, Grafik: Abberant Architecture

Den historischen Bezug ins Jahr 1678, als Thomas Britton seine bescheidenen Räumlichkeiten über einem Kohlenlager in einen Konzertraum verwandelte, stellen die Architekten mit einfachen aber umso effektiveren Mitteln her. Röhren- und trichterförmige Ausstülpungen durchstoßen die äußere Hülle des mobilen Objekts und liefern einen ersten Hinweis auf die hinter roten Wänden liegende „andere Welt“. Auf dem Dach wurden 21 altertümliche Kohleneimer installiert, ein plakativer Verweis, der sowohl Brittons Beruf als Kohlenhändler, als auch seine musikalische Passion als leidenschaftlicher Instrumentalist symbolisiert. In der Höhe gestaffelt wie Pfeifen, wecken sie Assoziationen an eine kleine Orgel, die Thomas Britton seinerzeit für die wöchentlichen Konzerte installiert hatte. Wie aus einer anderen Zeit transportiert ein in die Seitenwand eingelassener Schalltrichter diffuse Geräusche nach draußen und macht neugierig.

"Orgelpfeifen", Foto: Simon Kennedy

"Schalltrichter", Foto: Simon Kennedy

Die spielerische Kleinteiligkeit der historischen Verweise kontrastiert mit der leuchtend rot lackierten Stahlhaut der ansonsten klar konturierten Box. Foto: Jim Stephenson

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