Japan-ness in Metz
Pavillon Bloomberg, Akihisa Hirata 2012, Foto: FRAC Centre-Val de Loire, François Lauginie
Der Japanschwerpunkt des Centre Pompidou-Metz beginnt mit einer großen Ausstellung über die japanische Architektur in den vergangenen siebzig Jahren. Rund 270 Zeichnungen, Skizzen, Modelle, Fotografien und Filme dokumentieren die Vielfalt japanischer Bauten und Konzepte und ihre Wechselwirkung mit der westlichen Architektur – in klassischer Präsentation, die den Fokus auf die ausgestellten Projekte legt. Chronologisch und thematisch geordnet, stellen die Kuratoren Frédéric Migayrou und Yuki Yoshikawa die Entwicklung der Eigenständigkeit japanischer Architektur vor und erläutern die wesentlichen Werke und Strömungen. Sie thematisieren innovative Wohnkonzepte dabei ebenso wie wegweisende Bauten von Meisterarchitekten, die Stadtutopien der Metabolisten und die minimalistischen ephemeren Baukörper von Toyo Ito und SANAA.
Den Auftakt bildet eine großformatige Fotocollage des durch die Atombombe zerstörten Hiroshima, die auch für den Neuanfang, die Annäherung Japans an die westliche Kultur und zugleich die Suche nach der eigenen architektonischen Identität steht. Direkt illustrieren das die Projekte des ersten Ausstellungsraum, darunter das Friedensmuseum in Hiroshima von Kenzo Tange (1952-1955). Die Konzepte und städtebaulichen Utopien des Metabolismus aus den 60er und 70er-Jahren zeigen eindrucksvoll die großformatigen Originalpläne und Modellen der Marine City von Kiyonori Kikutake (1963) oder die Villes dans les airs von Arata Isozaki (1960 – 1963). Spannend ist hier besonders die Zusammenschau von Plänen, Modellen und historischen Fotos wie bei der Stadthalle in Miyakonojo von Kiyonori Kikutake (1966) oder dem Nagakin Capsule Tower in Tokio, mit dem Kisho Kurokawa 1972 ein ikonisches Bauwerk (das noch immer steht) realisierte: ein modular aufgebauter Wohnturm mit Raumeinheiten, deren Größen sich auf die Maße von Tatami-Matten beziehen. Der Expo 70 in Osaka ist ein eigener Bereich mit Filmen gewidmet, und man ist immer wieder erstaunt über die damalige optimistische Weltsicht, Fortschrittsgläubigkeit und experimentellen Architekturkonzepte.
Die verschiedenen Strömungen der Jahre bis 1995 sind mit vielen Exponaten dokumentiert, darunter die Kirche des Lichts von Tadao Ando als haptisch eindrucksvoll realistische Betonminiatur, Skizzen der wegweisenden Projekte von Itsuko Hasegawa, ein großes Arbeitsmodell der Stützen für die Mediathek in Sendai von Toyo Ito, und – als einziges Modell im Maßstab 1:1 – das »Pao-II«: ein luftiges, in der Halle scheinbar schwebendes Gebilde, das Toyo Ito in Zusammenarbeit mit Kazuyo Sejima 1989 konzipierte. Der aus transparenten Materialien gefügte Polyeder ist eine Vision des urbanen-nomadischen Wohnens, als futuristisches Zelt ins dichte urbane Gefüge eingehängt. Für den größten Ausstellungsbereich mit dem aktuellen Architekturgeschehen hat Sou Fujimoto ein raumhohes, filigranes Mobile entworfen: Man flaniert durch die beweglichen, abgehängten Papierquadrate, die 60 Projekte aus den letzten Jahren mit jeweils einem Foto zeigen – ein Kaleidoskop der individualistischen japanischen Gegenwartsarchitektur.
Noch bis zum 8. Januar 2018 ist »Japan-ness. Architektur und Städtebau in Japan von 1945 bis heute« zu sehen, parallel wird ab dem 20. Oktober eine zweite Ausstellung zeitgenössische japanische Kunst gezeigt, auf die schon jetzt die Installation des Künstlers Kishio Suga in der Eingangshalle hinweist.
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