Behutsame Nachverdichtung
The Wandering House von Lionel Ballmer

Das Wohnhaus in Baar ruft widersprüchliche Assoziationen hervor: das Sockelgeschoss aus Sichtbeton ist klar zeitgenössisch, der Aufbau auf Holz erinnert an tradierte Bauformen. © Rory Gardiner
Baar ist ein Teil des Skiorts Nendaz und liegt auf halber Höhe am Südhang des Rhonetals im Schweizer Wallis. Der Ort hat seine ursprüngliche, landwirtschaftliche Bebauung weitgehend erhalten und ist noch relativ wenig mit größeren Neubauten verschandelt. Seit langer Zeit besaß die Bauherrenfamilie hier eine Scheune in einer Nebenstraße, wenige Meter vom Waldrand und von den im Süden aufragenden Bergwänden entfernt. Ursprünglich war geplant, den zweigeschossigen Bestandsbau in ein kleines Wohnhaus umzuwandeln, doch er erwies sich zu klein für das avisierte Raumprogramm.


Die Scheune (vorn im Bild) dient künftig als Kellerersatz und überdachter Partyraum. © Rory Gardiner
Ersatzneubau statt Scheunenumbau
Daher entwickelte Lionel Ballmer die Idee eines Ergänzungsbaus etwas weiter nördlich auf dem Grundstück. Das Erdgeschoss der Scheune dient fortan als Kellerersatz, das Obergeschoss als überdachter Raum für Empfänge und Veranstaltungen. Im Gegenzug kommt der Neubau ohne Keller aus – und zeigt das auch, indem seine Bodenplatte auf Stützen vom Erdboden abgehoben ist. So wurde die Versiegelung des Grundstücks minimiert.
Der Neubau ruft widersprüchliche Assoziationen hervor: Sein Erdgeschoss aus Recyclingbeton ist klar zeitgenössisch, das mit beflammtem Holz verkleidete Obergeschoss und das flach geneigte Dach erinnern hingegen an die tradierten Bauformen vor Ort. Im Inneren zonieren lediglich zwei Querwände aus Beton die Räume, alle anderen Einbauten bestehen aus Holz und sind – zumindest theoretisch – reversibel.


Mit zwei großen Panoramafenstern öffnen sich die Räume an den Stirnseiten des Hauses nach draußen. © Rory Gardiner


Davon abgesehen, sind alle Fensteröffnungen gleich groß. © Rory Gardiner
Lufträume als Verbindung der Geschosse
Im Süden erstreckt sich ein großer Luftraum über alle drei Ebenen und verbindet Küche, Ess- und Wohnbereich im Erdgeschoss, einen Bürobereich im ersten Obergeschoss und das Schlafzimmer im zweiten Obergeschoss zumindest optisch miteinander. Die Räume sind weitgehend nutzungsneutral und haben mit Ausnahme zweier großer Panoramafenster in den beiden Stirnseiten alle gleich große Fenster.


Mehrgeschossige Lufträume verbinden die Ebenen im Haus. © Rory Gardiner


Die Räume wurden größtenteils nutzungsneutral entworfen. © Rory Gardiner
Mit einer Bruttogeschossfläche von 100 m² ist das Wohnhaus kompakter, als es wirkt. Der überdachte Freibereich im Norden lässt sich flexibel nutzen: als Carport, überdachter Essbereich oder zum Spielen für die Kinder. Der gesamte Oberbau des Hauses – also Wände, Decken und das Dach – sind aus Brettschichtholz aus der Region gefertigt, die Fensterrahmen aus Lärchenholz. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach trägt zur Energieversorgung des Hauses bei.
Architektur: Lionel Ballmer architectes
Bauherr: privat
Standort: Nendaz (CH)