Erster Einsatz für sphärisch verformtes Verbundsicherheitsglas

Anlässlich der glasstec präsentierte Sedak erstmals ein dreidimensionales kalt gebogenes Glas. Die Frankfurter Architekten schneider+schumacher planen, dieses, als Isolierglas weiterverarbeitet, in Form eines Oberlichts für das erweiterte Städel-Museum einzusetzen. Die Oberlichter sind in die leicht nach oben gewölbte, von außen als Gartenfläche konzipierte Decke des unterirdischen Museumsraums eingelassen. DETAIL-Redakteurin Katja Pfeiffer sprach mit Dr.-Ing. Hanno Sastré, dem Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Sedak, über das neue Produkt.
DETAIL: Was war zuerst da, die Neuentwicklung oder die Anfrage der Architekten?
Sastré: Das ist schwer zu beantworten. Im Herbst 2009 starteten wir mit der Forschung zu einem neuen Verfahren, dem sphärischen Laminationsbiegen. Im Frühjahr 2010 wandten sich schneider+schumacher an uns. Ihr Wunsch war es, in die Oberlichter des unterirdischen Museumsraums ebene Gläser einzusetzen. Die ursprüngliche Idee basierte allerdings auf gebogenen Scheiben. Doch diese hatten sie kurz zuvor verworfen. Wie damals für solche Bauaufgaben üblich, hätte man auf warm gebogenes Glas zurückgreifen müssen, was viele optische und technische Nachteile mit sich gebracht und letztendlich auch die vorhergesehenen Kosten gesprengt hätte. Unserer Ansicht nach war daher das neue Verfahren für das Vorhaben von schneider+schumacher wie geschaffen. Nach intensiver, zweijähriger Forschung entwickelten wir ein sphärisch verformtes Verbundsicherheitsglas, das wir nun unter dem Namen »sedak spherical« vertreiben und das im Städel-Museum erstmals zum Einsatz kommt. Für beide Seiten, die Planer und uns als herstellendes Unternehmen, war dieses Zusammentreffen natürlich ein großer Glücksfall.
Detail: Sie sprechen von Laminationsbiegen. Was genau ist das?
Sastré: Das Glas wird in einer Biegevorrichtung mechanisch gebogen und dann in der gewünschten Stellung in den Autoklaven geschoben. Der Herstellungsprozess doppelt gekrümmter Scheiben ist allerdings weitaus komplexer als derjenige einachsig gekrümmter Scheiben. Da die Scheiben ein ausgeprägtes Rückfederverhalten in Abhängigkeit mehrerer Parameter besitzen, muss die Überhöhung der Biegeform für jeden einzelnen Scheibentyp ermittelt werden. Um die Biegeform exakt vorhersagen zu können, haben wir eigens eine Software entwickelt. Mittels dieses Tools wird auf Basis verschiedener Parameter wie z.B. der Dicke der Einzelschichten des Laminats die überhöhte Prägeform der Biegevorrichtung iterativ ermittelt.
Detail: Welche Anforderungen muss das Glas im Städel-Museum jetzt erfüllen?
Sastré: Es soll mehreren Ansprüchen gerecht werden: erstens den hohen gestalterischen und sicherheitstechnischen Anforderungen, wie sie bei einem Museum erforderlich sind; zweitens den Anforderungen an den Sonnenschutz bei gleichzeitiger Transparenz und Reflexionseffizienz; drittens muss das Oberlicht begehbar sein und es soll sich kein Wasser auf ihm ansammeln können. Das heißt, dass es eine hohe Steifigkeit und eine gewisse Neigung besitzen sowie mit einer rutschhemmenden Bedruckung ausgestattet werden muss.
Detail: Wie werden die Anforderungen erfüllt?
Sastré: Die hohe statische Leistungsfähigkeit liegt im Folienverbund von Glascobond und in der dadurch erzielten hohen Schubsteifigkeit des Laminats begründet. Beim Städel-Museum besteht der Verbund insgesamt aus drei Lagen Glas und zwei Lagen der schubsteifen SentryGlass-Folie. Es handelt sich bei diesen Gläsern um thermisch vorgespanntes, in der Bauregelliste aufgenommenes ESG mit einem entsprechend hohen zulässigen Spannungsniveau. Mit dem sphärisch gebogenem Glas können wir bei Durchmessern zwischen 1,5 und 3 m Biegeradien zwischen 15 und 40 m erreichen. Dies entspricht einer Krümmung von etwa 1%. Dadurch lassen sich höchst tragfähige Linsen realisieren, wie sie in der Warmbiegetechnik so nicht möglich sind. Gegenüber der warm gebogenen Variante birgt das laminationsgebogene Glas noch weitere Vorteile: es kommt nicht zu den für das Warmglas typischen optischen Unregelmäßigkeiten und Verwerfungen. Außerdem können wir wegen der geringen Temperaturen im Autoklaven annähernd jede Bedruckung oder Beschichtung anwenden. Beim Städel-Museum handelt es sich diesbezüglich um ein sogenanntes soft coating, eine hochsensible low-e-Sonnenschutzbeschichtung auf der konkaven Seite der Linse. Da die Oberlichter als Isoliergläser ausgebildet werden sollten, besitzen sie eine zusätzliche ebene Scheibe, die mittels eines handelsüblichen Abstandshalters auf der Unterseite des Glasverbunds positioniert ist. Der Zwischenraum ist mit Argon gefüllt.
Detail: Man kann sagen, dass das sphärisch gebogene Glas die logische Weiterentwicklung der zur glasstec 2008 vorgestellten Glasbrücke ist. Was kommt danach?
Sastré: Die Resonanz auf sedak sperical ist sehr hoch, und wir haben viele interessante Anfragen erhalten. Eine konkrete Aufgabe könnte in naher Zukunft sein, sphärisch gebogene, dreiecksförmige Isoliergläser mit ebenen Rändern herzustellen. Gegenwärtig läuft in Zusammenarbeit mit dem ITKE der Uni Stuttgart das von der AiF geförderte Forschungsprojekt »Kalt gekrümmte Glaslaminate«. Ziel ist es, die Grenzen laminationsgebogener Konstruktionen zu eruieren. Man denke hierbei an selbst tragende schalenartige Ganzglaskonstruktionen ohne Unterkonstruktionen aus Stahl. Unsere Laminate können in nahezu jedem Grundriss hergestellt werden; dem Gestaltungswillen der Planer sind keine Grenzen gesetzt. Ich bin mir sicher, dass sie uns auch in Zukunft vor neue Herausforderungen stellen werden.
DETAIL: Was war zuerst da, die Neuentwicklung oder die Anfrage der Architekten?
Sastré: Das ist schwer zu beantworten. Im Herbst 2009 starteten wir mit der Forschung zu einem neuen Verfahren, dem sphärischen Laminationsbiegen. Im Frühjahr 2010 wandten sich schneider+schumacher an uns. Ihr Wunsch war es, in die Oberlichter des unterirdischen Museumsraums ebene Gläser einzusetzen. Die ursprüngliche Idee basierte allerdings auf gebogenen Scheiben. Doch diese hatten sie kurz zuvor verworfen. Wie damals für solche Bauaufgaben üblich, hätte man auf warm gebogenes Glas zurückgreifen müssen, was viele optische und technische Nachteile mit sich gebracht und letztendlich auch die vorhergesehenen Kosten gesprengt hätte. Unserer Ansicht nach war daher das neue Verfahren für das Vorhaben von schneider+schumacher wie geschaffen. Nach intensiver, zweijähriger Forschung entwickelten wir ein sphärisch verformtes Verbundsicherheitsglas, das wir nun unter dem Namen »sedak spherical« vertreiben und das im Städel-Museum erstmals zum Einsatz kommt. Für beide Seiten, die Planer und uns als herstellendes Unternehmen, war dieses Zusammentreffen natürlich ein großer Glücksfall.
Detail: Sie sprechen von Laminationsbiegen. Was genau ist das?
Sastré: Das Glas wird in einer Biegevorrichtung mechanisch gebogen und dann in der gewünschten Stellung in den Autoklaven geschoben. Der Herstellungsprozess doppelt gekrümmter Scheiben ist allerdings weitaus komplexer als derjenige einachsig gekrümmter Scheiben. Da die Scheiben ein ausgeprägtes Rückfederverhalten in Abhängigkeit mehrerer Parameter besitzen, muss die Überhöhung der Biegeform für jeden einzelnen Scheibentyp ermittelt werden. Um die Biegeform exakt vorhersagen zu können, haben wir eigens eine Software entwickelt. Mittels dieses Tools wird auf Basis verschiedener Parameter wie z.B. der Dicke der Einzelschichten des Laminats die überhöhte Prägeform der Biegevorrichtung iterativ ermittelt.
Detail: Welche Anforderungen muss das Glas im Städel-Museum jetzt erfüllen?
Sastré: Es soll mehreren Ansprüchen gerecht werden: erstens den hohen gestalterischen und sicherheitstechnischen Anforderungen, wie sie bei einem Museum erforderlich sind; zweitens den Anforderungen an den Sonnenschutz bei gleichzeitiger Transparenz und Reflexionseffizienz; drittens muss das Oberlicht begehbar sein und es soll sich kein Wasser auf ihm ansammeln können. Das heißt, dass es eine hohe Steifigkeit und eine gewisse Neigung besitzen sowie mit einer rutschhemmenden Bedruckung ausgestattet werden muss.
Detail: Wie werden die Anforderungen erfüllt?
Sastré: Die hohe statische Leistungsfähigkeit liegt im Folienverbund von Glascobond und in der dadurch erzielten hohen Schubsteifigkeit des Laminats begründet. Beim Städel-Museum besteht der Verbund insgesamt aus drei Lagen Glas und zwei Lagen der schubsteifen SentryGlass-Folie. Es handelt sich bei diesen Gläsern um thermisch vorgespanntes, in der Bauregelliste aufgenommenes ESG mit einem entsprechend hohen zulässigen Spannungsniveau. Mit dem sphärisch gebogenem Glas können wir bei Durchmessern zwischen 1,5 und 3 m Biegeradien zwischen 15 und 40 m erreichen. Dies entspricht einer Krümmung von etwa 1%. Dadurch lassen sich höchst tragfähige Linsen realisieren, wie sie in der Warmbiegetechnik so nicht möglich sind. Gegenüber der warm gebogenen Variante birgt das laminationsgebogene Glas noch weitere Vorteile: es kommt nicht zu den für das Warmglas typischen optischen Unregelmäßigkeiten und Verwerfungen. Außerdem können wir wegen der geringen Temperaturen im Autoklaven annähernd jede Bedruckung oder Beschichtung anwenden. Beim Städel-Museum handelt es sich diesbezüglich um ein sogenanntes soft coating, eine hochsensible low-e-Sonnenschutzbeschichtung auf der konkaven Seite der Linse. Da die Oberlichter als Isoliergläser ausgebildet werden sollten, besitzen sie eine zusätzliche ebene Scheibe, die mittels eines handelsüblichen Abstandshalters auf der Unterseite des Glasverbunds positioniert ist. Der Zwischenraum ist mit Argon gefüllt.
Detail: Man kann sagen, dass das sphärisch gebogene Glas die logische Weiterentwicklung der zur glasstec 2008 vorgestellten Glasbrücke ist. Was kommt danach?
Sastré: Die Resonanz auf sedak sperical ist sehr hoch, und wir haben viele interessante Anfragen erhalten. Eine konkrete Aufgabe könnte in naher Zukunft sein, sphärisch gebogene, dreiecksförmige Isoliergläser mit ebenen Rändern herzustellen. Gegenwärtig läuft in Zusammenarbeit mit dem ITKE der Uni Stuttgart das von der AiF geförderte Forschungsprojekt »Kalt gekrümmte Glaslaminate«. Ziel ist es, die Grenzen laminationsgebogener Konstruktionen zu eruieren. Man denke hierbei an selbst tragende schalenartige Ganzglaskonstruktionen ohne Unterkonstruktionen aus Stahl. Unsere Laminate können in nahezu jedem Grundriss hergestellt werden; dem Gestaltungswillen der Planer sind keine Grenzen gesetzt. Ich bin mir sicher, dass sie uns auch in Zukunft vor neue Herausforderungen stellen werden.